Hamari-Blog

Donnerstag, Juli 02, 2009

Was werden die Israelis tun...

...wenn die Revolution im Iran scheitert?

Inwieweit die Israelis entschlossen waren (sind),die iranischen Atomanlagen tatsächlich zu zerstören, weiß ich nicht. Es handelt sich um relativ großflächige Industriegebiete, die Iraner werden gewisse Vorkehrungen getroffen haben und in unmittelbarer Reichweite Israels liegen die Anlagen nicht. Ein Großteil der Ziele läge in der Nähe Isfahans, einer Millionenstadt. Ein flächenwirksamer Nuklearschlag ist daher ziemlich ausgeschlossen, zumal in Isfahan auch die größte jüdische Gemeinde Irans lebt.

Auf konventionelle Waffen angewiesen, wäre eine Zerstörung des Programms also äußerst aufwändig und langfristig von zweifelhaften Erfolgschancen.
Dennoch vernimmt man aus Israel oft genug Absichtsbekundungen, die Anlagen zu zerstören. Dazu kommt ein begrenztes Zeitfenster:

Dagan also told the committee the Mossad believed that Iran would have its first nuclear bomb ready for action in 2014, "If the project continues at the present rate and is not interrupted."



Quelle: Haaretz

Nun hat sich natürlich durch die Massenproteste der Iraner die Lage unerwartet geändert. Zwar wird sich die Beliebtheit Israels im Iran auch durch eine Revolution nicht großartig steigern, jedoch könnte man zumindest eine pragmatischere Politik erwarten und ein Präventivschlag damit obsolet werden. Selbst mit Atombombe im Iran. Auch Pakistan hat Nuklearwaffen und es gibt keine Probleme. Israel ist auch dort sicher nicht beliebt, aber es steht auch nicht auf der Agenda Israel von der Karte zu tilgen. Oder aus den Geschichtsbüchern. Das mit der Karte sei ja "falsch übersetzt", wie besonders scharfsinnige Menschen gerne erklären.
Das kleine Land wird sich nicht darum reißen eine weitere Front aufzumachen. Das Problem der Iranischen Atomwaffen wird nur durch aggressive Rhetorik und eindeutige Handlungen (wie die Unterstützung von Hamas und libanesischer Hisbollah) akut.

Andererseits besteht natürlich das Risiko, dass die Revolution im Iran niedergeschlagen wird und ausbleibt. Und dann wird es interessant wie Ahmadinedschad sich verhalten wird. Er hat einen Schuss vor den Bug bekommen, er weiß nun, dass sein Rückhalt in der Bevölkerung weit geringer ist als gedacht. Wie wird er sich verhalten? Bislang hat er innenpolitische Probleme durch außenpolitischen Aktionismus übertüncht und mit Feindbildkonstruktion (USA, Israel, GB, "westliche Länder"...) abzulenken versucht. Das hat offenbar nicht gereicht.

Könnte aber ein Krieg, ein offener Angriff Israels die Iraner zusammenschweißen? Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass Ahmadinedschad in Zukunft noch aggressiver auftreten würde und eine Eskalation noch stärker provozieren würde.
Und nun stellt sich in Israel die Frage: Wenn ein Scheitern der Revolution absehbar würde... Sollte man die Gelegenheit des Durcheinanders nutzen und die Atomanlagen plätten?

Zweifellos wäre das der Todesstoß für die Revolution, das wissen auch die Israelis. Aber sofern die Proteste ohnehin im Sande verlaufen, das Regime das gleiche bleibt... Es wäre egal. Die Feindschaft zum Iran wäre auf Jahre gefestigt und intensiviert - das Bedrohungspotential durch den Iran andererseits drastisch reduziert... Und die Gelegenheit - rein militärisch betrachtet - womöglich günstig.


Ist Ahmadinedschad tatsächlich ein Irrer - oder provoziert er nur, pokert?
Als 2007 15 britische Soldaten im Iran gefangengenommen wurden, drohte der Westen, spuckte große Töne, bettelte mit Tränchen in den Augen, machte sich lächerlich. Nachdem Ahmadinedschad die Briten der Weltöffentlichkeit vorgeführt hatte, ließ er die Soldaten als "Ostergeschenk" an GB wieder frei, ehe ernsthaft etwas eskalieren hätte können. Ein großartig inszenierter Propagandacoup. 1:0 für den womöglich gar nicht so irren?
Demgegenüber steht seine Politik gegen Israel. Sie ist hochgradig unvernünftig. Er stellt den Holocaust in Frage. Mehrfach und auch gegenüber deutschen Reportern. Er bedroht offen Israel und unterstützt dessen Gegner. Er will die Atombombe.
Nun könnte man sagen, dass der Iran das selbe Recht wie alle anderen Länder auch hätte. Schließlich habe auch Israel Nuklearwaffen. Dagegen gibt es an sich kein vernünftiges Argument. Nur was bringt einem dieses "Recht"?
Das jüdische Volk hat schon einmal die unvernünftigen Phantasien eines Diktatoren nicht ernst genommen. Ein demokratisch an die Macht gekommener Führer einer Nation mit großer kultureller und naturwissenschaftlicher Geschichte. Das jüdische Volk wird sich nie wieder auf die Macht der Vernunft verlassen. Auch nicht darauf, dass der Iran sich durch ein Atomarsenal abschrecken ließe. Die Devise lautet: nie wieder Holocaust! Nie wieder Opfer sein! Der Aufstand im Warschauer Ghetto wurde zur Staatsräson. Das ist nicht die Schuld der Iraner, aber es ist politische Realität.

Die iranischen Theokraten Irrsinn zu unterstellen liegt zudem nicht prinzipiell fern. Während des Krieges gegen den Irak schickte man Kinder über die Minenfelder, sodass das schwerere militärische Gerät nicht beschädigt wurde. Um ihren Hals trugen sie Plasteschlüssel für den Eintritt ins Paradies. Viele wurden zu Krüppeln und Märtyrern.
Nun gut, es war Krieg. Aber er wurde "total" geführt, ohne Frage. Ahmadinedschad ist ein Kind der 79er Revolution, er hat unter der Theokratie Kariere gemacht, er ist mit der Ideologie des Märtyrertums vertraut. Kann man sich darauf verlassen, dass er Angst vor Atomwaffen hat? Zweifellos hat auch die Iranische Führungselite ihre Atombunker. Formulieren wir die Frage anders: kann man sich darauf verlassen, dass er Angst um sein Volk hat?
Die Reaktion auf die derzeitigen Proteste lassen zumindest nicht darauf schließen. Es geht nicht um das Volk, es geht um das "höhere" Ziel.

Dass sich mit Ahmadinedschad ein schwerer Konflikt vermeiden lässt ist also nicht allzu wahrscheinlich. Die Folgen währen verheerend: Der Iran würde seine libanesischen und palästinensischen Handlanger mit in den Krieg ziehen, womöglich auch Syrien. Israel würde sich vermutlich an die USA wenden und diese dürften sich dem Sog kaum entziehen können. Auch die Türkei dürfte ins Taumeln geraten: Gegen Syrien bestand (besteht?) mit Israel ein Verteidigungspakt. Allerdings ist Israel auch hier in der Bevölkerung unbeliebt. Unbeliebt ist der Judenstaat auch in Ägypten, wohingegen das Regime dort sich sehr zuvorkommend gegenüber Israel verhält und sich über die Eindämmung der Macht von Hamas & Konsorten freut: Islamismus ist auch in Ägypten ein Problem. Darüber hinaus gibt es ein gewisses Misstrauen zwischen Persern und Arabern, sodass auch hier die Fronten nicht zwangsläufig klar wären.
Wahrscheinlicher wäre das Ausbleiben eines Flächenbrandes im Bezug auf konventionelle Streitkräfte, aber ein bedeutender Anstieg terroristischer Aktivität, die Destabilisierung der gesamten Region, Revolten in vielen Ländern.

Klare Vorraussagen für dieses Szenario lassen sich nur im Bezug auf den Iran selbst treffen: Die bislang festgesetzten Unruhestifter bekämen ein abgekürztes Verfahren, würden zu Spionen und Saboteuren Israels erklärt und als Problem aus der Welt geschafft.


Mag Bar Diktator!

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